Martin Signer
Martin Signer (46) und seine Klienten vom Asylzentrum Appenzell schleppen während der Saison wöchentlich rund drei bis fünf Ster Brennholz zu den insgesamt 19 Grillstellen im Kanton. Rund ein Drittel davon ist mit Fahrzeugen erreichbar, die restlichen nur zu Fuss. «Dann verladen wir das Holz in Kisten oder Säcke, wo möglich nehmen wir Karetten zur Hilfe.» Eine der schönsten, aber mühsam zu erreichende Feuerstelle sei die bei der Ruine Clanx. «Wir dürfen unser Fahrzeug bei einem Landwirt unterhalb der Ruine parkieren, müssen dann aber ziemlich steil den Hang hinauf kraxeln mit dem Holz», erklärt der Asylbetreuer. Auch jene bei Wasserschaffen oder Sämtisersee gehören zu Signers Lieblingsplätzen, obwohl oder gerade weil sie ausschliesslich über Wanderrouten erreichbar sind. Trotz körperlicher Anstrengung schätzt Signer seine Aufgaben sehr. Er ist gelernter Zimmermann und arbeitet schon fast zehn Jahre beim Asylzentrum. Er hat sich zum Migrationsfachmann weitergebildet und hat kürzlich noch eine Zusatzausbildung zum Arbeitsagoge abgeschlossen. In seiner täglichen Arbeit kann er sein Holzfachwissen und das Soziale ideal kombinieren. Der gebürtige «Steinegger» wohnt im zürcherischen Zünikon und pendelt an vier Tagen ins Appenzellerland. «Für diesen attraktiven Arbeitsort in meiner schönen Heimat nehme ich einen 45-minütigen Arbeitsweg gerne in Kauf.
«An die Bergwelt heranführen»
Die Holzvorbereitung und -lieferungen an Feuerstellen innerhalb des Kantons sowie an Privatkunden gehört zum Beschäftigungsprogramm des Asylzentrums. Die Hauptarbeit beinhaltet die Stückgutherstellung. Dabei wird Ausschussholz verarbeitet, «das sind Abschnitte, verstocktes Holz oder solches mit viel Ästen», erklärt er fachmännisch. Signer koordiniert die Auslieferungsroute zusammen mit den Bezirken, plant und betreut die Einsätze mit den Asylsuchenden. Diese Arbeit sei bei den Klienten sehr beliebt. «Sie sind motiviert und kommen gerne mit auf die Tour», erzählt Signer. Viele von ihnen sind seelisch belastet und haben eine bewegte Geschichte hinter sich. Als Asylbetreuer erfährt er auch von ihren persönlichen Schicksalen, «man muss die nötige Nähe und Distanz finden, damit man damit umgehen kann», sagt er. «Ich bin gerne mit ihnen unterwegs und führe sie auch ein bisschen an die Bergwelt heran. Ich zeige ihnen die Bergbahnen und mache sie auf die Schönheiten des Alpsteins aufmerksam. Manchmal erzählen sie, dass sie in ihrer Freizeit eine der Feuerstellen besucht haben und das freut mich», sagt der Naturfreund, der den Alpstein bestens kennt und schätzt. Daher ist es sein persönliches Anliegen, dass die Feuerstellen stets gepflegt sind. «Wir füllen nicht nur Brennholz auf, wir nehmen auch Abfallsäcke mit und schauen, dass die Umgebung sauber ist und Sitzbänke gut im Schuss sind». Das sei übrigens auch die beste Prophylaxe gegen Littering, denn «ein sauberes Plätzchen wird meist auch wieder sauber verlassen».
Autorin und Fotografin: Katja Hongler, Steinegg
Erschienen am 27.04.2024 im Appenzeller Volksfreund auf der Wirtschaftsseite